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Brandenburg-Wahl: Rechtsruck auch in Kleinstädten? „Halte nichts von diesen Demonstrationen gegen AfD“

Schon bald steht die Brandenburg-Wahl an. Welche Probleme beschäftigen dabei Menschen aus Kleinstädten wie Gransee?

Vor der Brandenburg-Wahl sprach unsere Redaktion mit Andreas Hirtzel, Bürgermeister von Gransee.
© Anne Stege; IMAGO/Jürgen Ritter

Wahlen in Brandenburg: Alles, was du wissen musst

In Brandenburg wird am 22. September ein neuer Landtag gewählt.

Am 22. September findet die Brandenburg-Wahl statt. Wie zuvor bei den Ostwahlen in Sachsen und Thüringen wird hier ein hohes AfD-Ergebnis erwartet, auch in kleineren Kommunen. Doch wie erlebt man die Stimmung in den ländlicheren Gegenden kurz vor der Landtagswahl; und welche Sorgen treiben die Bürgerinnen und Bürger um?

Darüber sprachen wir mit Andreas Hirtzel, Bürgermeister von Gransee, eine Kleinstadt im Landkreis Oberhavel. Er erklärt uns, welche Probleme die Menschen in den Kleinstädten beschäftigen und was Bundespolitiker von der kommunalen Arbeit lernen können.

++ Dazu interessant: Brandenburg-Wahl: Wackelt die Kanzlerkandidatur von Scholz, wenn die AfD Wahlsiegerin wird? ++

Kommunale Sorgen vor der Brandenburg-Wahl

Redaktion: Herr Hirtzel, wie erleben Sie als Bürgermeister die Stimmung bei den Bürgerinnen und Bürger in Gransee kurz vor der Brandenburg-Wahl?

Hirtzel: „Die Stimmung ist teilweise angespannt, vor allem was die großen Fragen betrifft, also Migration, Bürokratie und Sicherheit. Auch die Ukraine treibt die Menschen um, vor allem Frieden generell. Das sind Punkte, die man immer wieder hört, wenn man mit den Menschen hier vor Ort redet.“

Hängt die angespannte Stimmung auch immer noch mit dem Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland, wie beispielsweise Löhne und Gehälter zusammen?

„Ja, natürlich. Wir haben hier einige Biografien, die den Umbruch mitmachen mussten, damals in den 90er-Jahren. Ich bin ein Kind der Wende, und da hat man natürlich auch mitbekommen, was für Schicksale mit dem Umbruch in Verbindung stehen. Da sind ganze Lebenswerke auch über Nacht weg gewesen und das belastet die Menschen. Deswegen sind sie vielleicht auch sehr sensibel, was das Thema angeht.“

Andreas Hirtzel (CDU), Bürgermeister von Gransee.
Andreas Hirtzel (CDU), Bürgermeister von Gransee. Credit: Anne Stege

Oft wird auch über Asyl als Problem gesprochen. Wie ist es in Gransee?

„Wir haben hier seit mehr als 10 Jahren eine Willkommensinitiative, die sich um die Nöte und Notwendigkeiten, wie die deutsche Bürokratie für die Asylsuchenden kümmert. Zum Beispiel auch durch selbst organisierende Sprachkurse. Wir haben hier über 400 Flüchtlinge in den letzten 10 Jahren durchgebracht. Das ist für eine Stadt mit knapp 6.000 Einwohnern eine ordentliche Zahl.

Aber die Menschen haben die berechtigte Sorge, dass unkontrolliert Menschen hier herkommen, die unsere Gesellschaft stören wollen. Das hat es ja auch in der Vergangenheit mit den Attentaten gegeben. Und dann macht man sich als Mensch natürlich auch Sorgen. ‚Kann ich jetzt auch zum Stadtfest gehen oder nicht?‘ Jeder darf sich Sorgen machen und die sollten auch ernst genommen werden.“

Rechtsruck in Brandenburg

Wie schon zu Sachsen und Thüringen wird ein starker Rechtsruck zur Brandenburg-Wahl erwartet. Erwarten Sie diesen auch auf kommunaler Ebene?

„Hier in Gransee haben wir eine AfD, die mit vier Mitgliedern in der Stadtversammlung sitzt. Bei der letzten Kommunalwahl haben wir keine AfD hier gehabt. Aber offensichtlich spielen heute bundes- und landespolitische Themen auch soweit in die Kommunalpolitik mit rein. Man muss heutzutage ja bloß die richtigen Themen ansprechen, die die Menschen triggern. Das ist Asyl, das ist Sicherheit, das ist Frieden. Man hetzt ein bisschen hin und her und spielt mit der generellen Unzufriedenheit bei den Menschen. Und dann hat man schon ein gutes Wahlergebnis für sich.

Hinsichtlich der angesprochenen Probleme darf man mit der Gesellschaft nicht so einfach umgehen. Da erwarte ich auch viel mehr Engagement von anderen Parteien. Auch die, die sich zu diesem Mittelspektrum zählen wollen. Da muss mehr kommen, sonst überlassen wir den Radikalen das Feld. Ob das eine AfD ist oder BSW.“

Was muss dafür vor allem auch auf Bundesebene besser gemacht werden, auch auf kommunalpolitischer Ebene?

„Ich halte nichts von diesen ganzen Demonstrationen. Wir hatten auch vor einiger Zeit eine Demo ‚Demokratie aufstehen‘ gegen die AfD. Diese nutzen das aber dann, um sich beim Wähler sozusagen zu legitimieren. ‚Die wollen ja nicht mit uns spielen, oder die wollen ja nicht mit uns machen‘. Damit spielt man ihnen eigentlich mehr in die Hände.


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Ich finde es eher wichtig, dass man sich auf die Grundstrukturen zurückbesinnt und man einen vernünftigen Diskurs mit den Bürgern führt, dass man miteinander vernünftig redet. Dazu gehören eben auch die Radikalen. Mit denen muss man auch hier und da mal reden. Das ist leider so, auch in der Kommunalpolitik. Vor allem die Landes- und Bundespolitiker müssen die Nöte und die Sorgen der Menschen auch ernster nehmen.“