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Horst Lichter: „Dann möchte ich meinen wahren Freund nicht kennenlernen“

In seinem Buch „Zeit für Freundschaft?!“ schreibt Horst Lichter über die Freundschaft. Seinen wahren Freund jedoch will er nicht kennenlernen.

Lichter
© IMAGO/Future Image

Das ist Bares für Rares

Sie ist eine der beliebtesten Nachmittagsshows im deutschen Fernsehen: Die ZDF-Sendung "Bares für Rares".

Er ist einer der erfolgreichsten Moderatoren des Landes. Seine Show „Bares für Rares“ fährt nahezu täglich Rekord-Quoten am Nachmittag ein – Horst Lichter. Doch Horst wäre nicht Horst, wenn er sich darauf ausruhen würde.

Der 62-Jährige hat sich nunmehr hingesetzt und ein Buch veröffentlicht. In „Zeit für Freundschaft?!“ beschäftigt sich Horst Lichter mit einem der wichtigsten Themen des menschlichen Zusammenlebens. Wir haben mit dem „Bares für Rares“-Moderator über das Thema Freundschaft, sein Buch und die Liebe gesprochen.

Du hast dich für dein Buch „Zeit für Freundschaft?!“ mit der Fragestellung, ob du mit dir selbst befreundet sein möchtest, auf eine Reise begeben. Wie beschwerlich war sie im Endeffekt?

Die war sehr schwierig. Ich habe das Buch in Blöcken geschrieben. Drei, vier Tage am Stück, dann mal wieder eine Woche nicht, dann wieder vier, fünf Tage. Und nach jedem Mal Schreiben hatte ich eine andere Vorstellung vom Thema Freundschaft. Es wurde immer wieder alles über den Haufen geschmissen.

An einem Tag kam ich zu meiner Frau nach Hause und sagte ihr: Ich habe beschlossen, ich möchte meine wahren Freunde nie kennenlernen. Das verstand sie nicht direkt. Und so antwortete ich ihr: Wir sind heute zu dem Schluss gekommen, dass die Menschen ja stets sagen, der wahre Freund zeige sich in den schlimmsten Situationen im Leben, in Krankheiten, finanziellen oder privaten Problemen. Daraufhin habe ich gesagt: Dann möchte ich meinen wahren Freund nicht kennenlernen, wenn ich dafür erst in eine solche Situation kommen muss.

Gab es Momente, mit denen du nicht gerechnet hast?

Es gab auf dieser Reise immer wieder neue Dinge, die mich überrascht haben. Da gibt es so viele Seiten zu beleuchten. Du kannst ein solches Buch nicht schreiben und darin, nur deine eigene Meinung kundtun. Das wäre falsch. Wie in einem Streit muss man beide Seiten versuchen zu sehen. Von links sieht es anders aus als von rechts. Deswegen war das gar nicht so einfach.

Genau wie die Frage, was die Freundschaft verlangt. Es gibt Menschen, die ganz klar sagen: Eine Freundschaft ist wie eine Pflanze, die muss man pflegen. Da musst du mindestens einmal die Woche anrufen, wenn nicht sogar jeden Tag, sonst geht sie kaputt.

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Siehst du das auch so?

Nein. Ich wiederum sage, eine wahre Freundschaft verlangt nichts. Sie rechnet nicht auf. Weil der wahre Freund weiß, wenn du dich nicht meldest, dann geht es dir gut, dann hast du viel zu tun, dann ist alles in Ordnung. Und wenn du dich meldest, dann muss alles so sein wie vorher, dann hat man gemeinsam viel Spaß und Freude. Was ich damit sagen will: Es gibt so viele Seiten, das ist so ein schwieriges Thema. Das schreibst du nicht einfach so runter.

Du hast die verschiedenen Seiten angesprochen. Du hast dir Unterstützung für das Buch geholt. Martin Rütter, Tony Bauer oder Nelson Müller zum Beispiel. Warum sie?

Das sind Menschen, die ich schon kannte, oder die ich, wie im Fall von Tony Bauer, unbedingt kennenlernen wollte. Das ist ein ganz junger Mensch, der bereits ein schlimmes Schicksal hinter sich hat, aber nun mitten im Leben steht. Er hat mich auch wirklich unfassbar beeindruckt, das war ein wunderschönes Interview, das viele Stunden gedauert hat.

Und bei deinem Kollegen Nelson?

Bei Nelson Müller haben mich mehrere Dinge beeindruckt. Zum einen ist er der berühmte Fernsehkoch und Musiker mit seinen Lokalen, in denen er ständig gefordert ist. Dann kommt natürlich aber auch seine Hautfarbe dazu. Wir Menschen schauen zuerst einmal mit den Augen, haben Vorurteile. Dann seine Kindheit. All diese Dinge haben mich sehr interessiert. Umso glücklicher bin ich, dass bei ihm alles so in der Waage ist.

Oder Martin Rütter. Ich habe natürlich meine eigenen Gedanken zu der Frage, ob der Mensch mit einem Tier befreundet sein kann. Aber mal so einen Fachmann dazu zu hören, den ich sehr wertschätze, das ist schon toll.

Das Thema Vorurteile finde ich spannend. Bei „Bares für Rares“ scheinst du jedem Menschen ganz offen entgegenzutreten. Ist das so, oder bemerkst du auch an dir, dass du manchmal Vorurteile hast?

Ich sage es mal so: Ich bin eigentlich ziemlich vorurteilsfrei, aber ganz frei ist kein Mensch. Ich war zum Beispiel vor Kurzem mit meiner Frau in Österreich bei einem riesigen Motorradtreffen. Da waren 150.000 Motorradfahrer, darunter waren auch Gestalten, wo du in der Stadt sagen würdest: Um Gottes Willen, wechsle die Straßenseite, das wird gefährlich. Man hat natürlich Vorurteile, jeder Mensch hat erstmal Vorurteile. Aber man kann damit unterschiedlich umgehen.

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Manchmal lernst du jemanden kennen, der sieht aus wie jemand, mit dem du dich normalerweise nicht umgeben würdest, dann aber stellt sich heraus – das ist ein fantastischer Mensch. Dann gibt es aber auch Personen, von denen du zunächst denkst, das müssen feine Leute sein – sie sind aber sind das genaue Gegenteil.

Es ist sehr, sehr schwer, ohne Vorurteile durchs Leben zu geben. Das Einzige, was man versuchen kann, ist, mit den Vorurteilen zu arbeiten, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, und Menschen erst einmal eine Chance zu geben.

Bei „Bares für Rares“ ist es so, dass ich das tue, was ich meinen jungen Mitarbeitern auch sage. Ich werde in dieser heutigen Zeit der Kriege und Katastrophen, von ihnen oft gefragt: Was sollen wir denn machen? Und ich sage ihnen immer die gleichen Sätze.

Welche?

Der erste ist: Weitermachen. Wenn wir nicht weitermachen, haben wir Anarchie. Dann nimmt sich jeder, was er haben will, und alles geht den Bach runter. Das Nächste ist, und das ist, glaube ich, das Schwierigste, aber am einfachsten gesagt: Gib den Mensch das, was du gerne hättest – Höflichkeit, Freundlichkeit und Respekt. Erst wenn du Respekt geben kannst, finde ich, hast du auch das Anrecht, respektiert zu werden. Stell dir vor, das würde jeder so machen. Jeder wäre höflich, freundlich und respektvoll… Das wäre unfassbar. Dann würden unsere Politiker sich an einen Tisch setzen und als Freunde wieder auseinandergehen. Dann hätten wir keine Probleme mehr.

Zeit für Freundschaft
Horst Lichters neues Buch „Zeit für Freundschaft?!“ ist im Knaur-Verlag erschienen. Credit: Droemer Knaur

Ich würde gerne noch einmal auf deinen Satz vom Anfang zurückkommen. Und zwar, dass du deinen wahren Freund nicht kennenlernen möchtest. Man hört oft, dass die Partnerin oder der Partner auch der beste Freund ist. Ist deine Frau dein bester Freund?

Oh, das kann ich so nicht sagen. Liebe kann resultieren aus Freundschaft, man kann auch einen Freund lieben. Aber der Ehepartner ist immer noch etwas anderes als der beste Freund draußen.

Inwiefern?

Zum Beispiel: Ich habe Freunde, denen sage ich: Pass auf, ich überlege, mir das Motorrad zu kaufen. Dann werden die mit mir fachsimpeln. Es wird aber niemand die Frage stellen: Du hast doch schon ein paar Motorräder, warum willst du denn noch eines?

Meine Frau würde aber sagen: Pass auf, du hast so viele Motorräder. Das ist doch kompletter Schwachsinn, fahr‘ die doch erstmal. Das ist dann eine Ehe, eine Gemeinschaft. Wir sind Freunde in anderen Beziehungen, da gibt es ein wahnsinniges Vertrauen, das ist die Basis für Liebe. Aber der wahre Freund ist etwas anderes. Man darf Freunde und Ehepartner, oder Liebe und Freundschaft nicht verwechseln. Das sind verschiedene Dinge, die ineinander spielen können, aber nicht das Gleiche sind.

Ist das denn schon vorgekommen, dass du ein Motorrad nicht kaufen durftest?

Nein (lacht). Dafür sind wir ja erwachsen genug. Es gibt schon mal Einsprüche. Es kommt darauf an, was ich mir da in den Kopf gesetzt habe. Sie sagt dann: Denk in Ruhe drüber nach, schlaf nochmal drei Nächte darüber, und wenn du nach drei Nächten noch immer glaubst, du kannst nicht ohne leben, dann reden wir nochmal. Es gibt Menschen, die erfüllen sich Träume, auch wenn sie sie sich nicht leisten können. Wenn dann die Existenz gefährdet ist, oder jemand leiden muss, dann ist das natürlich eine ganz andere Sache. Bei mir ist es so: Ich würde mir niemals etwas gönnen, das unsere Existenz gefährden würde.

Horst Lichters Werk „Zeit für Freundschaft?!“ ist am ersten Oktober 2024 im „Droemer Knaur“-Verlag erschienen.