Der Knast ist von vielen gefürchtet und ein Teil der Justiz, der vielen Berlinern dennoch fremd ist. Was hinter den hohen und streng bewachten Mauern der JVAs vor sich geht? Viele wissen es nicht. Woher auch?
Doch die fehlenden Kenntnisse sorgen immer wieder für Gerüchte, die die Runde machen. Nicht immer sind diese allerdings richtig. Mit einem räumt jetzt ein Mitarbeiter gegenüber BERLIN LIVE auf.
Berlin: Viele glauben es, doch nichts ist dran
Marco Schilke, zuständiger Mitarbeiter des Bereiches Beschäftigung und Qualifizierung in der JVA Tegel in Berlin, hat jeden Tag mit Häftlingen zu tun. Er arbeitet in der Tischlerei, einem der zwölf JVA-Betriebe, und ist dort für die Ordnung und Sicherheit zuständig.
Ein Job, der ihm Wissen und Einblicke liefert, die vielen anderen verwehrt bleiben. Darunter zum Beispiel Informationen, was die Häftlinge den ganzen Tag treiben. Viele würden glauben, dass die Insassen 24 Stunden in ihren Zellen eingeschlossen sind, erklärt Schilke und stellt klar: „Nein, um Himmels willen!“
444 Minuten wird gearbeitet
Über sieben Stunden am Tag, genauer gesagt 444 Minuten, arbeitet ein Großteil der Gefangenen. Die Beschäftigungsquote der JVA Tegel liegt bei circa 75 bis 80 Prozent. Nichtstun gehört also keinesfalls zum Alltag in der Anstalt. Stattdessen geht es für viele Insassen um 7 Uhr in einen der JVA-Betriebe.
Es gibt neben der Tischlerei unter anderem eine Gärtnerei, Schlosserei, Druckerei und Polsterei. Je nach persönlichen Interessen können die Häftlinge dort für einen Lohn arbeiten. Dieser richtet sich nach fünf Lohngruppen sowie der Qualität und Quantität der Ergebnisse und liegt zwischen 12 Euro und 35 Euro am Tag.
„Dafür sind wir da“
Ziel der Beschäftigung in den JVA-Betrieben ist neben der Schaffung einer Tagesstruktur die Resozialisierung. „Umso mehr die Leute hier drinnen in der JVA Tegel gebildet werden, umso mehr haben sie die Chance, nachher draußen ehrlich ihr Geld zu verdienen“, erklärt Marco Schilke.
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Wichtig ist daher nicht nur die Beschäftigung an sich, sondern auch die Ausbildung, Qualifikation und Fortbildung. „Wir versuchen, jedem Inhaftierten die Möglichkeit zu geben, sich an seinen Möglichkeiten zu orientieren und hier zu arbeiten und sich zudem auch weiterzubilden.“
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Dafür holen Schilke und seine Kollegen in der JVA Tegel jeden Häftling zunächst ab und es wird geschaut, wo die Person gerade steht. Anschließend wird eine Entscheidung für einen JVA-Betrieb gefällt. Dabei ist nichts in Stein gemeißelt: „Man kann natürlich auch den Arbeitsplatz wechseln.“
Die Insassen hätten die Möglichkeit, sich zu finden und auszuprobieren, „dafür sind wir da“, erklärt Schilke. Ein wichtiger Umstand, denn nicht immer findet jeder Häftling auf Anhieb das Richtige für sich.