Die Clans in Berlin und in anderen deutschen Großstädten machen immer wieder Schlagzeilen. Bewaffnete Raubüberfälle, Körperverletzungen, Drogengeschäfte – die Liste der Vergehen ist lang. Interne Angelegenheiten werden dagegen selten bekannt, die Dynamiken innerhalb der Großfamilien bleiben meist unter Verschluss.
Doch eine Aussteigerin packte Anfang des Jahres aus. In ihrem Buch „Ein Leben zählt nichts – als Frau im arabischen Clan“ gibt Latife Arab tiefe Einblicke in die Familie, in die sie hinein geboren wurde. Doch das wurde ihr jetzt zum Verhängnis.
Clans in Berlin: Heftige Attacke auf Aussteigerin
Unterdrückung und Gewalt waren für Latife Arab, die in der Öffentlichkeit zu ihrem eigenen Schutz unter diesem Pseudonym auftritt, an der Tagesordnung. Mehrmals versuchte sie, dem Clan zu entkommen, 2009 gelang es ihr endgültig. Doch nach Erscheinung ihres Buchs im März dieses Jahres beginnt der Albtraum für sie im September von vorn.
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Gegenüber „t-online“ berichtet Arab, dass Verwandte sie in ein Auto gezerrt, gewürgt und anschließend in einem Waldstück auf sie eingetreten hätten. Sie wird bewusstlos vor dem Unfallkrankenhaus Marzahn abgelegt. Erst dort kommt sie wieder zu Bewusstsein. Als Begründung für die Attacke nannten die Männer ihr Verrat.
Schwere Vorwürfe gegen Polizei
Seit dem Angriff durch den Clan in Berlin lebt sie in ständiger Angst und erhebt jetzt schwere Vorwürfe gegen die Polizei. Nach der Attacke hätte sie zunächst Polizeischutz bekommen. Anschließend habe man ihr angeboten, ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen zu werden, doch nur, wenn sie die Namen der Angreifer nennt. Das Angebot betraf allerdings nur sie, nicht aber ihre Kinder.
„Für mich kam es nicht infrage, mich in Sicherheit zu bringen und meine Kinder zurückzulassen“, so Arab. Also lehnte sie ab. Daraufhin versuchte die Anwältin der Aussteigerin mehrfach, mit dem LKA über die Sicherheit ihrer Mandantin zu sprechen. Dies wurde erst mehrfach abgelehnt bis dann, mehrere Wochen nach dem Angriff, ein Gesprächsangebot gemacht wurde. Bis dahin hatte sich Arab aber bereits selbst um einen Platz in einer Schutzeinrichtung bemüht.
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Mittlerweile falle es Arab schwer, den Behörden zu vertrauen und über die Hintermänner der Tat auszupacken, berichtet ihre Anwältin. Dass liegt auch daran, dass die Informationen über den Angriff an die Medien durchgesickert sind – ohne dass es eine Pressemitteilung gab. Sowohl der „Tagesspiegel“ als auch die „Bild“ berichteten über die Attacke. Für Arab eine Katastrophe, denn anschließend bedrohte ein Unbekannter die Aussteigerin aus einem Clan in Berlin am Telefon erneut.
Wie es zu den Berichten kommen konnte, ist der Polizei ein Rätsel. Auf Anfrage von „t-online“ hieß es allerdings, dass auch im Nachhinein kein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Geheimnisverrats eingeleitet wurde, da kein konkreter Anfangsverdacht vorliege.
Arab leidet also auch 15 Jahre nach ihrem Ausstieg massiv unter ihrer Familie. Von den Behörden wird sie dabei größtenteils alleine gelassen. Zwar habe es laut der Polizei mehrere Gespräche zu Sicherheitsmaßnahmen gegeben, doch ob eine davon auch wirklich realistisch war und umgesetzt wurde, scheint nach Arabs Schilderungen fraglich.