In den Umfragen steckt Olaf Scholz mit seiner SPD bei 14 bis 16 Prozent fest. Bislang gibt es keine Aufholjagd wie bei der Bundestagswahl 2021. Das dürfte auch daran liegen, dass Scholz die Wählerinnen und Wähler zu oft mit zu vollmundigen Ankündigungen und hinterher geplatzten Versprechen enttäuscht hat. Ist das Vertrauen in den Kanzler beim Wahlvolk vor der Bundestagswahl endgültig dahin?
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Besonders fünf Versprechen bleiben in Erinnerung, die er gegeben, aber nicht eingehalten hat. Wir gehen auf sie ein.
So hat Olaf Scholz die Wählerinnen und Wähler enttäuscht
„Wer bei mir Führung bestellt, der bekommt sie auch“
Richtig einlösen konnte Scholz dieses Versprechen nur zweimal. Seine „Zeitenwende“-Rede kurz nach Beginn des Ukraine-Krieges im Bundestag ist schon jetzt historisch. Scholz überraschte alle, selbst den grünen Koalitionspartner und den linken Flügel seiner Partei, mit einem 100 Milliarden Euro starken Sondervermögen für die Bundeswehr.
Auch beim Rauswurf von Finanzminister Christian Lindner zeigte sich Scholz mal konsequent. Allerdings räumte der Kanzler später im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ ein, dass er schon im Sommer an ein Ende der Ampel dachte, weil man sich nicht auf einen Bundeshaushalt 2025 einigen konnte. „Ich hätte vielleicht schneller feststellen müssen, ab wann es so nicht mehr weitergehen kann. Womöglich hätte ich die Entscheidung, den Finanzminister zu entlassen, auch früher treffen müssen“, so Scholz.
„Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben.“
Ein „Spiegel“-Interview aus dem Herbst 2023 sorgte für Aufsehen. Scholz kündigte eine neue Härte in der Asyl-Politik an und weckte damit auch in gewissen Kreisen Erwartungen, dass die Zahlen der Abschiebungen nach oben schießen werden. Zwar wurden mittlerweile Straftäter auch wieder nach Afghanistan abgeschoben, doch dem Kanzler holte der Satz immer wieder ein. Etwa als herauskam, dass der Mannheimer Polizistenmörder Sulaiman A. ein abgelehnter Asylbewerber ist, der das Land schon längst hätte verlassen müssen.
Im November 2024 ergab eine Anfrage von Sahra Wagenknechts Truppe BSW im Bundestag an die Bundesregierung, dass zwischen Januar und September 2024 ganze 61 Prozent aller geplanten Abschiebungen scheiterten. Das ist eine ähnlich hohe Quote wie in den Jahren zuvor. Insgesamt gab es in den ersten drei Quartalen dieses Jahres knapp 15.000 erfolgte Abschiebungen, im Vorjahr waren es fast 16.500 umgesetzte Ausweisungen.
Kanzler scheitert an einem seiner zentralen Wahlversprechen
„400.000 neue Wohnungen jedes Jahr“
Es war neben dem Mindestlohn von 12 Euro DAS zentrale Versprechen der SPD im Wahlkampf. Der (soziale) Wohnungsbau sollte massiv vorangebracht werden, um die Mietpreise in den Ballungsräumen zu stabilisieren und die Lage am Wohnungsmarkt zu entspannen. Während das Mindestlohn-Wahlversprechen eingelöst wurde, scheiterten Scholz und Bauministerin Klara Geywitz beim Wohnungsbau auf ganzer Linie.
Von Januar bis Oktober 2024 wurden nur 143.500 Neubauwohnungen in Deutschland genehmigt. Das sind sogar 22 Prozent (41.000) weniger als im Jahr 2023. Auch in den Vorjahren wurde das 400.000-Ziel mehr als deutlich verfehlt.
„Ich habe zugestimmt in dem Bewusstsein: Das schaffen wir nie wieder ab“
Dieser Satz fiel in einer ARD-„Wahlarena“ im September 2021 kurz vor der damaligen Bundestagswahl. Die Aussage des SPD-Politikers bezog sich auf den ermäßigten Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie. In der Corona-Krise senkte die damalige Regierung von Angela Merkel, mit Finanzminister Scholz, den Steuersatz von 19 auf 7 Prozent. Doch seit diesem Jahr zahlen Kundinnen und Kunden in der Gastronomie wieder 19 Prozent. In den Restaurants ist es spürbar teurer geworden.
„Wegen der hohen Investitionen in den Klimaschutz wird Deutschland für einige Zeit Wachstumsraten erzielen können, wie zuletzt in den 1950er- und 1960er-Jahren geschehen“
Noch im Jahr 2023 sprach Scholz gegenüber den Zeitungen der „Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft“ von einem anstehenden zweiten Wirtschaftswunder in Deutschland. So gab es in den Jahren 1950 bis 1960 ein durchschnittliches jährliches Wirtschaftswachstum von sage und schreibe 8,2 Prozent. In den 1960er waren es 4,4 Prozent im Schnitt.
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Doch die Realität ist düster. Vielleicht wollte sich Scholz die Lage auch selbst schönreden? Im vergangenen Jahr ist das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland um 0,3 Prozent gesunken. Für dieses und nächstes Jahr sieht es kaum besser aus. Stagnation, wenn nicht gar Rezession, so sieht die Lage in Wirklichkeit aus. Besonders die Automobilindustrie steckt angesichts des Transformationsprozesses in der Krise.