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Berlin: Nach Tod im Müllcontainer – jetzt werden Vorwürfe laut

Anfang März starb ein Berliner qualvoll in einer Mülltonne. Doch das hätte verhindert werden können. Jetzt werden Vorwürfe laut.

© IMAGO/Seeliger

Das ist die Berliner Kältehilfe

Gerade im Winter sind Obdachlose durch die eisige Kälte besonders gefährdet. Die Berliner Kältehilfe ist für Betroffene da, um sie vor Schlimmerem zu bewahren.

Am Montag (10. März) passierte in Berlin-Mitte ein schrecklicher Unfall! Beim Leeren einer Altpapier-Tonne wurde ein Wohnungsloser, der in dem Container geschlafen hatte, in der Ladeluke des Mülllasters eingeklemmt. Als die Feuerwehr anrückte und ihn befreite, konnte letztlich nur noch der Tod des 33-Jährigen festgestellt werden.

Doch hätte das verhindert werden können?

Berlin: Obdachloser stirbt qualvoll

Nach Schätzungen der Berliner Wohlfahrtsverbände gibt es in Berlin etwa 10.000 Obdachlose. Sie alle haben Tag ein Tag aus das gleiche Problem: Wo kann man gut und sicher schlafen? Wo werde ich nicht verdrängt?

Eine Antwort darauf zu finden, ist besonders im Bezirk Mitte gar nicht mal so einfach. Denn rund um den erweiterten Bereich des Alexanderplatzes gibt es keine einzige Notunterkunft. Einzig am Rand des Bezirks gibt es drei Räumlichkeiten, doch mehr als 160 Menschen finden hier keinen Platz.


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Tino Kretschmann, Sozialarbeiter bei Gangway, spricht hier von einem klaren Fall von Verdrängungspolitik. Er vermutet, dass obdachlose Menschen in Mitte keiner haben will. Der Tod des 33-Jährigen ist aus seiner Sicht auf diese Verdrängungspolitik zurückzuführen. Er erklärt gegenüber dem „Tagesspiegel“: Obdachlose würden „die ganze Zeit verscheucht und wissen nicht wohin“.

Sozialarbeiter hat klaren Standpunkt

Deshalb fingen viele dann an, „sich Orte zu suchen, an denen sie nicht gesehen werden und sich sicher fühlen. So wie der Mensch in der Tonne möglicherweise.“ In diesem Fall endete das tödlich. Und das, obwohl die Mitarbeiter der Berliner Stadtreinigung (BSR) schon beim Entleeren der Tonne einen Hilferuf wahrgenommen haben. Doch sie konnten die Tonne nicht einfach an Ort und Stelle wieder absenken. Das hätte den Pressvorgang automatisch in Gang gesetzt. Also musste der Mann, eingeklemmt im Lkw, bis zum Recyclinghof in seiner Position verharren. Erst dort konnte man die Steuerung entriegeln. Doch dann war es bereits zu spät. Weshalb die Technik nur so funktioniert, ließ die BSR unbeantwortet.

Dass es auch anders geht, zeigte sich in der Pandemie. Damals gab es im ehemaligen Hofbräuhaus am Alex eine Anlaufstelle für Wohnungslose. In einem Strategiepapier, das das Blatt zitiert, wird von „idealen Zugangsmöglichkeiten zu den Betroffenen“ berichtet. Es konnten mehr Kontakte geknüpft und ein engeres Vertrauensverhältnis aufgebaut werden. In der Folge kam es auch zu mehr dauerhaften Unterbringungen. Doch heute hat Mitte dafür kein Geld mehr, heißt es seitens des Bezirks. Und auch an geeigneten Räumlichkeiten fehlt es.


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Man braucht nicht dringend viel Geld, um Obdachlosen mehr Raum zu geben und sie vor Todes-Tonnen zu bewahren. Das zeigt Charlottenburg-Wilmersdorf. Dort werden Reinigungstouren von der BSR vorher angekündigt, sodass die Wohnungslosen sich darauf vorbereiten und ihre Sachen zur Seite packen können. Hier setzt man auf Toleranz statt Verdrängung. Eine Strategie, die sich Tino Kretschmann auch für Mitte wünscht. Nur so können solch tragischen Tode verhindert und den Betroffenen wirklich geholfen werden.