Ist der Berliner Senat ein Fall für Compliance-Anwälte? Seit der Regierende Bürgermeister Kai Wegner und die Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (beide CDU) ihre Beziehung in der vergangenen Woche öffentlich gemacht haben, sind sich einige Berliner da nicht mehr so ganz sicher.
Schließlich könnte Wegner seine Freundin und ihre Verwaltung bevorzugt behandeln. Kritik kommt derzeit von allen Seiten – sei es von der Opposition oder aus der Öffentlichkeit. Nun gab es Konsequenzen.
Berlins Bürgermeister Wegner bringt Vorschlag selbst ein
Kai Wegner will nun eine wichtige Aufgabe abgeben – auf eigenen Wunsch. Dabei handelt es sich aber nicht etwa um sein Amt als Regierender Bürgermeister, sondern um seine Rolle als Vermittler bei Streitfällen zwischen den Fachverwaltungen des Senats, sofern es um die Bildungsverwaltung geht. Das berichtet die „Deutsche Presse-Agentur“ (dpa) und beruft sich dabei auf Senatssprecherin Christine Richter.
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Den Vorschlag hat Wegner am Dienstag (9. Januar) selbst beim Senat eingebracht. Jetzt wurde dieser angenommen. Hierdurch sollen Interessenkonflikte bei der Regierungsarbeit vermieden werden. Doch ob die Neuregelung auch in die Geschäftsordnung des Senats aufgenommen wird, ist derzeit unklar.
So sollen Unstimmigkeiten vermieden werden
Konkret betrifft die Regelung vor allem Streitfälle. Sollte es zu Unstimmigkeiten zwischen den Fachverwaltungen kommen, also beispielsweise zwischen der Verkehrs- und der Bildungsverwaltung, dann wird Kai Wegner zukünftig nicht mehr intervenieren.
Stattdessen soll Finanzsenator Stefan Evers (CDU) einspringen. Ist Evers selbst in den Konflikt verwickelt, wird die Angelegenheit an Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) übergeben. Ihr fällt dann die Vermittlerrolle zu. Beide fungieren bereits jetzt schon neben ihren eigentlichen Rollen in den jeweiligen Verwaltungen als Stellvertreter von Kai Wegner.
Christine Richter fügte hinzu, dass die Beziehung von Wegner und Günther-Wünsch am Dienstag erstmals im Senat besprochen wurde. Sie bekräftigte, dass beide Privates und Dienstliches strikt trennen und hochprofessionell arbeiteten würden.
Massive Kritik von SPD und Grüne
Die Berliner SPD-Fraktion ist trotz der neuen Regelung weiterhin skeptisch, ob es nicht doch zu Interessenkonflikten kommen könnte. „Es bleibt abzuwarten, ob die vom Regierenden Bürgermeister vorgeschlagenen organisatorischen Maßnahmen weiterhin stabiles und verlässliches Regieren gewährleisten,“ so die SPD.
Auch die Grünen äußert Kritik: „Nach mindestens drei Monaten der Geheimhaltung war es höchste Zeit, dass sich der Regierende zu Verhaltensregeln im Senat“ äußert, so Fraktionsvorsitzende Bettina Jarasch und Werner Graf in einer Mitteilung. Immer nur das Nötigste zu machen, wozu man öffentlich gedrängt werde, würde einer verantwortungsvollen Regierungsarbeit nicht gerecht werden.
„Das ist nichts, was weiter im Geheimen stattfinden darf“
„Seine Erklärung heute ist allenfalls ein erster Schritt. Bislang ist es nicht mehr als eine mündliche Vereinbarung“, kritisieren die Grünen-Politiker. „Wir erwarten vom Regierenden Bürgermeister, dass diese mündliche Vereinbarung auch verbindlich in die Geschäftsordnung eingeht.“ Außerdem müsse es Transparenz im Fall solcher Interessenkonflikte im Senat geben. „Das ist nichts, was weiter im Geheimen stattfinden darf.“
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Der Regierende Bürgermeister legalisiere für sich ein Verhalten, das in den landeseigenen Unternehmen nicht erlaubt sei. Auch Landesbeamte dürften sich so nicht verhalten. Er sei als Stadtoberhaupt kein Vorbild für seine Bediensteten. „Ob so ein Teilzeitbürgermeister mit beschränkter Entscheidungsgewalt, der Rolle eines Regierenden gerecht wird, steht in Frage.“ (mit dpa)