In Berlin gibt es jedes Jahr eine ganze Menge Gerichtsverfahren. Dabei geht es nicht selten um die ganz schwerwiegenden Delikte: Raub, Totschlag oder Mord. Doch der Prozess, der jetzt vor dem Landgericht zu Ende ging, wird in die Geschichtsbücher eingehen.
Die historischen Dimensionen des Falls reichen nicht nur in die 1970er-Jahre zurück, sondern auch in ein Land, das es heute nicht mehr gibt: die DDR. Denn am Bahnhof Friedrichstraße kam es 1974 zu einem Tötungsdelikt – jetzt ist das Urteil gefallen.
Berliner Gericht entscheidet in Jahrzehnte altem Mordfall
Am 29. März 1974 hatte der damals 38-jährige Pole Czeslaw K. versucht, über den Grenzbahnhof Friedrichstraße nach Westberlin zu fliehen. Die Große Strafkammer des Berliner Landgerichts sah es als erwiesen an, dass die Stasi ihn damals zum Schein mit Ausreisepapieren versorgte. Nach zwei von drei Grenzkontrollen sei der arglose K. dann von einem Stasi-Offizier hinterrücks erschossen worden.
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Den Abzug soll damals der heute 80 Jahre alte Martin Manfred N. gedrückt haben. Am Montag (14. Oktober) wurde er von der Kammer in Berlin nach mehr als 50 Jahren wegen Mordes schuldig gesprochen. Das Urteil sieht ein Strafmaß von zehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Als Begründung nannten die Richter das Mordmerkmal der Heimtücke.
Zufallsfund führte zur Wiederaufnahme
Schließlich musste K. davon ausgehen, dass die Behörden seiner Forderung nach Ausreise aus Berlin in den Westen nachgegeben hatten. Die hatte er mit einer Bombenattrappe erzwingen wollen. Nachdem ihn der Schuss getroffen hatte, wurde er schwerverletzt in das Haftkrankenhaus in Hohenschönhausen gebracht. Dort sei er während einer Notoperation seinen Verletzungen erlegen.
Dass es rund 50 Jahre nach der Tat in Berlin noch zu einem Urteil in dem Fall gekommen ist, geht auch auf einen Zufallsfund zurück. Denn der Stasi-Offizier N. war nach der Tat für die „Unschädlichmachung“ des K. mit einer Urkunde ausgezeichnet worden. Die tauchte plötzlich in einem Archiv auf, woraufhin die Ermittlungen neu aufgerollt wurden.