Das Tempelhofer Feld ist bei vielen Berlinern als Naherholungsgebiet beliebt. Auf dem Gelände des ehemaligen City-Airports sind bei schönem Wetter tausende Menschen unterwegs, um Sport zu treiben, zu Grillen oder die Aussicht zu genießen.
Obwohl seit dem Volksentscheid zum Tempelhofer Feld (2011) feststeht, dass die Mehrheit der Menschen in Berlin keine Bebauung des ehemaligen Flughafens wünschen, gibt es immer wieder Politiker, die das Flugfeld gerne bebauen würden – um neuen Wohnraum zu schaffen.
Im Wahlkampf hatte sich Merz für die Bebauung des Tempelhofer Feld ausgesprochen
Auch im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2025 war die Randbebauung des Tempelhofer Feldes wieder Thema. Im Quadrell bei RTL hatte sich Friedrich Merz (CDU) als Befürworter dieser Idee bekannt: „Wenn die Bürgerinnen und Bürger sich weigern, dann muss die Politik bereit sein, auch gegen den erklärten Willen der Nachbarschaft zu sagen: Wir weisen das jetzt aber als Bauland aus und werden dort bauen“, so Merz.
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Auf Anfrage von BERLIN LIVE hat sich nun Professor Christian Pestalozza zu diesem Vorstoß von Friedrich Merz geäußert: „Wenn die Bebauung, um die es aktuell geht, nicht bereits im volksbeschlossenen Gesetz von 2015 vorgesehen ist, kann sie nur nach Änderung oder Aufhebung des Gesetzes in Angriff genommen werden.“
Für den Experten der Rechtswissenschaft für Staats- und Verwaltungsrecht steht fest: „Auch ein volksbeschlossenes Gesetz kann vom Abgeordnetenhaus geändert werden. Es genießt keinen stärkeren Schutz als jedes andere Gesetz“, so Pestalozza.
Professor Christian Pestalozza sieht Friedrich Merz unter Umständen im Recht
Auf die Nachfrage von BERLIN LIVE, inwiefern sich Politiker oder Parteien über den Volksentscheid zum Tempelhofer Feld hinwegsetzen sollten, erklärte Christian Pestalozza, dass ein Gesetz nicht zwingend für die Ewigkeit gedacht ist. „Über ein Gesetz kann man sich nur mit einem neuen Gesetz „hinwegsetzen““, so Pestalozza. „Aber mit einem neuen Gesetz geht es rechtlich jederzeit. Das gilt auch umgekehrt, wenn die Bevölkerung überlegt, ein Gesetz des Abgeordnetenhauses zu ändern oder aufzuheben.“
„Es kann gute Sachgründe für eine solche Änderung geben. Die Wohnungsnot könnte für eine bisher nicht vorgesehene Randbebauung sprechen, jedenfalls, wenn sie nicht andernorts mit geringeren Einbußen realisierbar ist.“
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Der Experte für Staats- und Verwaltungsrecht erklärte, dass die direkte Demokratie durch eine Gesetzesänderung nicht geschwächt werden würde. „Die direkte Demokratie ist nach der Berliner Verfassung nicht stärker als die indirekte. Sie räumt den Berlinern nur relative geringe Abstimmungskompetenzen ein“, so Pestalozza.
Politiker wären gut beraten, sich über den Willen den Berlin zu vergewissern
Laut Christian Pestalozza wären Politiker gut beraten, wenn sie sich trotz allem genau vergewissern würden, was die Berliner heute darüber denken. „Von einer Volksbefragung war ja auch schon die Rede“, so Pestalozza zu BERLIN LIVE. „Sie setzt allerdings (wenn ich die Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs – 2016 – zugrunde lege) eine entsprechende Ergänzung der Berliner Verfassung voraus.“
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Christian Pestalozza erklärte außerdem, dass die Berliner eine Verfassungsbeschwerde erheben könnten – sofern sie von einem Änderungsgesetz unmittelbar betroffen seien: „Zuvor mag es durch Maßnahmen der Verwaltung bereits vollzogen werden; dagegen kann bei eigener Betroffenheit auf dem Verwaltungsgerichtsweg geklagt werden“, so Pestalozza.