Kokain, Heroin und Co. – in Berlin an Drogen zu kommen, scheint keine Schwierigkeit zu sein. Die Zahl der tatsächlich Drogenabhängigen in der deutschen Hauptstadt wird aber wohl für immer eine Dunkelziffer bleiben.
Was allerdings klar ist: Die Metropole ist vom Drogenkonsum kennzeichnet. Während an der einen Straßenecke Dealer ihre Ware verkaufen, kommen an anderer Stelle die Konsumenten mit all ihren gesundheitlichen Folgen der Sucht zum Vorschein. Ein Problem, mit dem die Stadt schon seit Jahren zu kämpfen hat. Doch das muss nicht sein – zumindest wenn es nach Streetworker Juri Schaffranek ginge…
Brennpunkt Berlin: Drogenkonsum dominiert Hauptstadt
Der inzwischen 64-Jährige ist bei der Straßensozialarbeit Gangway e.V. in Berlin angestellt. Seit Jahren kümmert sich der Ur-Berliner um die Schicksale von Menschen, die auf den Berliner Straßen gelandet sind. Dabei geht Obdachlosigkeit nicht immer gleich mit Drogenabhängigkeit einher. „Die Wohnungslosigkeit führt oft zur Verwahrlosung und auch psychischen Verelendung“, erklärt Juri gegenüber BERLIN LIVE. Daraus entsteht letztendlich ein Teufelskreis, der leider nicht allzu selten in der Drogensucht endet.
Eines der großen Probleme daran sind die verunreinigten Drogen. Sie führen nämlich zu den gesundheitlichen Folgen, die sich in kurzer Zeit auch optisch am gesamten Körper der Abhängigen bemerkbar machen. Dabei könnte man genau diesen Punkt laut Juri verhindern: „Man hätte es im Griff, wenn man den Drogenmarkt entkriminalisiert.“
Brennpunkt Berlin: Andere Länder als Vorbild
Was das genau bedeutet? Das Nachbarland Schweiz ist dahingehend ein absoluter Vorreiter. Hier gibt es beispielsweise in Zürich bereits seit längerer Zeit größer angelegte Heroin-Originalstoff-Vergaben an Schwerstabhängige – sozusagen Anlaufstellen, an denen sich die Drogenabhängigen ihren Stoff in reiner Form aushändigen lassen können. „Damit bricht dann der Dealermarkt auf der Straße zusammen“, erklärt Juri.
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Warum dieses Konzept nicht auch in Deutschland anwenden? Der Streetworker hat so seine Vermutungen: „Es gibt eine große Lobby, die kein Interesse daran hat. Der Schwarzmarkt wirft die größten Gewinne ab.“ Und auch die Pharma-Industrie habe sich in den vergangenen Jahren einen Markt mit Opioiden und Ersatzdrogen aufgebaut, auf dessen Erlöse wohl keiner gern verzichten möchte.
Brennpunkt Berlin: Kampf gegen den Drogenmarkt
„Ich glaube aber, das könnte sich in den nächsten Jahren ändern“, zeigt sich Juri zuversichtlich. Es gebe zwar schon solche Originalstoff-Vergaben, allerdings meist nur für den kleinen Kreis an Konsumenten. In diesem Zusammenhang will der studierte Germanist aber auch die Angst nehmen: „Berlin ist weit entfernt von Szenen wie in Frankfurt am Main.“ Während in Hessen in der Hochzeit bis zu 2.000 Fixer pro Tag aufzufinden waren, seien es in der Hauptstadt um die 200 bis 250 Leute gewesen.
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Trotzdem haben Juri und sein Team täglich genug Arbeit zu tun. „In erster Linie geht es um die Überlebenshilfe“, erläutert der Streetworker. Beispielsweise werden Beratungsstellen oder Schlafplätze aufgezeigt. „Was willst du denen, die auf der Straße leben und hochgradig erkrankt sind einen Entzug anbieten? Da würde derjenige direkt sagen ‚Danke und tschüss, ich hab gerade ganz andere Probleme!'“, erklärt Juri.
Brennpunkt Berlin: Änderungen auch bald in Deutschland?
Das Konzept der Originalstoff-Vergabe könnte den Abhängigen hingegen einen ersten Schritt zurück in die Gesellschaft ermöglichen. Schritt für Schritt wäre es dann vielleicht auch möglich, einen endgültigen Entzug anzusteuern. Doch bleibt abzuwarten, ob die Idee in Deutschland irgendwann überhaupt genauso viel Anklang findet wie in der Schweiz – ein erster Vorstoß in Richtung Besserung wäre es wohl allemal!