Die marode Ringbahnbrücke der A100 in Berlin hat in den letzten Wochen zu erheblichen Verkehrsbehinderungen geführt. Bereits Anfang März 2025 wurde die Brücke aufgrund eines sich ausweitenden Risses in einem tragenden Bauteil teilweise gesperrt. Am Freitag (11. April) beginnt nun der Abriss der Brücke.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) fordert, die marode Ringbahnbrücke der A100 im Berliner Westen nach ihrem Abriss nur in abgespeckter Form wieder aufzubauen. BERLIN LIVE hat die verkehrspolitischen Sprecher der Berliner Grünen, SPD und CDU dazu befragt.
A100 in Berlin: Grüne sind für schmalere Brücke
Die Ringbahnbrücke der A100 soll laut dem BUND nach dem Abriss nur in abgespeckter Form wieder aufgebaut werden. Mindestens eine Fahrspur pro Richtung müsse künftig wegfallen, fordert BUND-Landesgeschäftsführerin Gabi Jung. Sie begründete ihren Vorstoß mit einer angeblichen „Verkehrsverdunstung“.
Doch gibt es diese wirklich? BERLIN LIVE hat sich unter anderem bei Oda Hassepaß, der verkehrspolitischen Sprecherin der Berliner Grünen, erkundigt.
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„Ja, das Phänomen ‚Verkehrsverdunstung‘ oder auch ‚Verkehrsverpuffung‘ ist nicht nur aktuell an der A100-Brücke zu beobachten, sondern vielerorts und auch durch Studien bestätigt“, erklärt Hassepaß.
„Nicht alle Menschen müssen Autofahren und machen es dann nicht mehr, wenn andere Verkehrsmittel vorteilhafter werden im Vergleich.“ Die Menschen würden nicht jeden Tag erneut ins „Stau-Verderben“ fahren, wenn es Alternativen in Form von ÖPNV, Fahrrad oder zu Fuß gebe.
Hassepaß hält es für richtig, „wenn die Brücke so schnell wie möglich und so schlank wie nötig gebaut wird – ganz im Sinne einer zukunftsgerechten Stadt, die das Klima schont und zugleich ihr Funktionieren gewährleistet.“ Wie genau die Brücke konkret aussehen müsse, entschieden „verantwortungsvolle Planer*innen“.
Gegenwind kommt von der SPD und CDU
Tino Schopf, verkehrspolitischer Sprecher der Berliner SPD, zweifelt an der angeblichen Verkehrsverdunstung. „Die Verkehre in der Stadt waren und sind immer dynamisch, und nicht jede Änderung ist eine Verkehrsverdunstung.“ Vielmehr spricht Schopf von einer Verkehrsverlagerung.
In den vergangenen Jahren habe es zahlreiche Anlässe gegeben, die eine Veränderung im Verkehr bewirkten. Wie zum Beispiel die verstärkte Nutzung des Homeoffice (und der Rückkehr an den Arbeitsplatz), der Umstieg auf ÖPNV, sowie die Nutzung von Umleitungen und Fahrten zu anderen Zeiten. „Insofern: Verlagerungen, ja. Verdunstung, nein.“
Auch von einem abgespeckten Brückenneubau hält Schopf wenig. „Die A100 ist ja eine der meistbefahrenen Autobahnen Deutschlands. Hier sind bis vor einigen Tagen 230.000 Fahrzeuge durchgefahren und das mehrspurig. Wenn man sich jetzt vorstellt, dass diese Fahrzeuge auf eine Engstelle zufahren – also eine Brücke, die dann nur noch zweispurig ist – dann führt dies aus meiner Sicht zu einer Staubildung und bildet auch eine Unfallgefahr“, erklärt Schopf gegenüber BERLIN LIVE.
A100 in Berlin: „Das kann nicht im Interesse der Menschen vor Ort sein“
Johannes Kraft, verkehrspolitischer Sprecher der Berliner CDU, schlägt ähnliche Töne an. „Ich will jetzt nicht sagen, dass eine Verkehrsverdunstung ein Märchen ist, aber es gibt dafür empirisch kaum Nachweise – eigentlich gar keine.“
Die A100 sei nicht nur eine der meistfrequentierten Autobahnen Deutschlands, sondern auch eine der zentralen Versorgungsachsen für Berlin. „Der gesamte Wirtschaftsverkehr, alles, was speziell die City West beliefert, kommt über dieses Autobahndreieck. Insofern verbietet sich aus meiner Sicht – allein schon aus verkehrlichen Erwägungen – eine Reduzierung der Leistungsfähigkeit.“
Pläne für einen abgespeckten Neubau der Ringbahnbrücke lehnt Kraft ebenfalls ab. „Wenn wir jetzt sagen: ‚Wir wollen die Brücke anders gestalten‘, also zum Beispiel eine Spur weniger oder mehr oder sonstige Änderungen, dann handelt es sich nicht mehr um einen Ersatzneubau.“
Dann könne das laufende Planfeststellungsverfahren für das Autobahndreieck Funkturm nicht weitergeführt werden. „Man müsste komplett von vorn anfangen – und das kostet vier, fünf, sechs Jahre allein für die Planung.“
So lange bliebe die Ringbahnbrücke dann unpassierbar. „Das kann nicht im Interesse der Menschen vor Ort sein. Es kann auch nicht im Interesse der Feuerwehr, der Rettungskräfte oder der Stadt Berlin insgesamt sein.“
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Stattdessen gebe es jetzt einen Ersatzneubau im Bestand – für die Ringbahnbrücke und die Westendbrücke. „Dafür braucht es kein Planfeststellungsverfahren, und damit sparen wir vier, fünf Jahre. Außerdem versuchen wir, was nur bei einem Ersatzneubau möglich ist, eine Direktvergabe – also keine jahrelange europaweite Ausschreibung“, erklärt Kraft.