Im Streit um „Pollerbü“, den sogenannten Modalfilter in der Tucholskystraße in Mitte, haben Anwohner und Ladenbesitzer erfolgreich beim Verwaltungsgericht geklagt. Laut dem Gericht sei das Aufstellen der Poller auf der Kreuzung, zum Schutze der Radfahrer, nicht nachvollziehbar.
Die vom Bezirk angeführte Gefahrenlage sei nicht ausreichend dargelegt worden sei. Verkehrs- oder Unfallzahlen lägen nicht vor. Die Straßenverkehrsordnung erlaube nur Verkehrsverbote aus Gründen der Sicherheit und Ordnung, nicht aber wegen stadtplanerischen Erwägungen.
Nachdem der Bezirk nun prüfen lassen will, ob er in diesem Fall in die nächste Instanz gehen möchte, hat sich der „Allgemeine Deutscher Fahrrad-Club Landesverband Berlin e.V.“ gegenüber BERLIN LIVE geäußert.
ADFC-Sprecher kritisiert das Urteil im Berliner Poller-Zoff
Für Karl Grünberg vom ADFC erfüllen die Poller auf der Kreuzung der Linien- und Tucholskystraße ihren Sinn und Zweck: „Der Modalfilter an dieser Kreuzung verhindert, dass Autos die Fahrradstraße als Durchfahrtsstraße nutzen. Die illegale Nutzung von Fahrradstraßen durch den Kfz-Verkehr ist in ganz Berlin ein großes Problem“, so der Pressesprecher.
Für den Sprecher des Fahrrad-Verbandes steht fest: „Überall dort, wo keine Poller die Fahrradstraßen schützen, werden diese weiterhin für den illegalen Durchgangsverkehr genutzt. Damit werden Radfahrer gefährdet und die Funktion einer Fahrradstraße als sichere Verkehrsverbindung untergraben.“
„Da Fahrradstraßen häufig eng sind und hier viele Radfahrer und Radfahrerinnen unterwegs sind, kommt es zu gefährlichen und regelwidrigen Überholmanövern von Autofahrern. Da auf Fahrradstraßen auch Kinder und Senioren unterwegs sind – auf dem Weg zur Schule oder zum Einkaufen – ist das ganze dann gleich doppelt gefährlich“, so Grünberg.
„Kein Recht auf einen Parkplatz vor der Haustür“
Karl Grünberg machte gegenüber BERLIN LIVE ebenfalls sehr deutlich klar, dass es sich hierbei keineswegs um ein Autoverbot für Anlieger handele. Auch die Anlieger der Tucholskystraße und der Auguststraße könnten hier weiterhin mit dem Auto fahren – nur halt nicht mehr komplett. Hierdurch käme es dann für Anlieger zu „minimalen Umwegen“ mit dem Auto.
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„Da es aber sowieso kein Recht auf einen Parkplatz vor der Haustür gibt, fallen diese Umwege de facto weg, da die Parkplätze in der gesamten näheren Umgebung gesucht werden müssen“, so der Berliner ADFC-Sprecher.
Ein Rückbau würde dazu führen, dass die Fahrradstraße illegal von Autos befahren wird
Einen Rückbau der Modalfilter hält der Radfahr-Experte vom ADFC Berlin für unverantwortlich. „Es würde dazu führen, dass die Fahrradstraße illegal als Durchfahrtsstraße genutzt wird, Fahrradfahrer und Fußgänger würden gefährlichen Situationen ausgesetzt sein, es würde zu Unfällen kommen.“
„Der Bezirk würde dann die illegalen Durchfahrten mithilfe der Polizei dokumentieren müssen, um die Poller rechtssicher wieder einzusetzen. Mit anderen Worten – in einem oder zwei Jahr stehen dort wieder die Poller. Die Frage ist, wie viele Unfälle mit wie vielen Opfern es bis dahin leider geben musste“, so Grünberg gegenüber BERLIN LIVE.
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Auf die Frage, ob die Berliner Polizei alternativ zu den Pollern auch Kontrollen durchführen könnte, äußert Grünberg große Bedenken. „Die Polizei müsste täglich kontrollieren und die Masse der illegalen Durchfahrten würde die Kapazitäten der Polizei sprengen. Außerdem dürfte Google Maps die Fahrradstraße nicht mehr als mögliche Route angeben“, so der Mann vom ADFC. „Sobald ein Stau auf den Hauptstraßen entsteht, leitet Google Maps die Autos durch die Fahrradstraßen. Wir sind auch keine Fans von Pollern und würden gerne auf sie verzichten, dazu müssten sich die Autofahrer aber an die Regeln halten und das tun sie leider nicht.“