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BVG-Fahrer klagt an – „Du bist als Mensch egal. Du sollst einfach nur funktionieren“

Bei der BVG läuft es in Sachen Personal alles andere als rund. Nun packt ein Fahrer aus. So schlimm ist es im Unternehmen wirklich!

BVG
© IMAGO/Jürgen Heinrich

BVG: Mit den Berliner Öffis durch den Großstadt-Dschungel

Egal ob mit U-Bahn, Bus oder Tram – die Berliner Verkehrsbetriebe bringen jährlich über 700 Millionen Fahrgäste an ihr Ziel.Dafür muss man ganz schön gut vernetzt sein.

Die BVG kämpft schon seit Monaten mit Personalproblemen. Egal ob bei Bussen, U-Bahnen oder Trams, es fehlen Fahrer. Es scheint große Probleme dabei zu geben, neues Personal zu finden oder bestehendes zu halten.

Den ehemaligen Mitarbeiter Michel M. (ganzer Name der Redaktion bekannt) wundert das nur wenig. Er stieg 2023 als Quereinsteiger ein. Ein Jahr danach hörte er unfreiwillig auf. Gegenüber BERLIN LIVE erzählt er, wie rau das Arbeitsklima bei der BVG ist.

BVG: „Am Anfang war alles aufregend“

Michel M. hat vor seiner Zeit bei der BVG als Service-Mitarbeiter bei einer großen Elektronikmarkt-Kette in Berlin gearbeitet. Dort stieg er aus, nachdem er Mobbing erfahren und an einem Burn Out erkrankt war, berichtet er gegenüber BERLIN LIVE. „Nach meiner Reha musste dann aber wieder Geld in die Kasse“, erklärt der 43-Jährige. Dann ist er auf eine Stellenanzeigen der BVG aufmerksam geworden.

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Kurzerhand bewarb er sich als Tramfahrer und begann seine Ausbildung im Oktober 2023. „Am Anfang war alles aufregend, wie ein Abenteuer“, erinnert sich der Mann. Damals habe er sich noch gefragt, warum viele seiner alteingesessenen Kollegen so gefrustet seien. Doch mittlerweile wundere ihn das nicht mehr, stellt er klar.

Die Euphorie verflog schnell

Nachdem er seine Ausbildung abgeschlossen hatte, kam er in das Team 100. Das bedeutet, dass man 100 Tage ohne Begleitung eines Lehrfahrers unterwegs ist. „In der Zeit muss man sich beweisen“, sagt er. Abgeschlossen hat Michel M. diese 100 Tage aber nie, denn im Juni trudelte ohne Vorwarnung ein Schreiben bei ihm ein, das ihn darüber informierte, dass sein Vertrag, der auf neun Monate befristet war, nicht verlängert wird.



„Das hat mir erstmal die Füße weggehauen. Ich habe mich eigentlich sehr wohl im Unternehmen gefühlt“, berichtet er. Was ihn daran am meisten gestört hat war, dass in dem Schreiben kein Grund für das Auslaufen des Vertrages genannt wurde. Auch im Vorfeld hätte es keinerlei Kritik oder Abmahnungen gegeben.

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M. wurde deshalb sofort aktiv und versuchte noch während seines Urlaubes den Grund herauszufinden. „Aber keiner hat mit mir geredet“, moniert er. Weder die Personalabteilung noch sein BVG-Gruppenleiter. Für ihn sei das „die absolute Verarsche“, so M.. „Du bist als Mensch egal. Du sollst einfach nur funktionieren. Am besten nichts sagen und still dein Ding durchziehen.“

BVG streitet Vorwürfe ab

Erst als er sich an Dr. Rolf Erfurt, den Vorstand der BVG, gewandt hat, kam eine Reaktion. M. berichtet, ihm wurde gesagt, dass mit ihm keine verlässliche Zusammenarbeit möglich sei. Seine Vermutung ist nun, dass seine Karriere im Unternehmen aufgrund von Krankheitszeiten und aufgrund eines Unfalls während der Ausbildung nicht weitergeht.

Bei letzterem habe ihm ein Auto die Vorfahrt genommen, woraufhin es zu einem Blechschaden kam. „Aber da wurde nie weiter drüber geredet.“ Krank sei er dagegen insgesamt etwa drei Wochen gewesen, unter anderem wegen Corona.


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„Das schlimmste ist für mich, dass keiner mit mir geredet hat“, moniert M.. Die BVG erklärt allerdings auf Anfrage von BERLIN LIVE, dass regelmäßige Feedbackgespräche zum Standard gehören. Dass sich das Unternehmen von Mitarbeitenden trennt, sei zudem „die absolute Ausnahme“.

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Und wie geht es nun mit Michel M. weiter? Rechtlich habe er keinerlei Handhabe, um eine Weiterbeschäftigung zu erzwingen, erklärt Arbeitsrechtsanwalt Martin Bechert. „Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer zu erklären, warum der Vertrag nicht verlängert wird.“ Wäre es eine Kündigung, hätte Michel M. die Möglichkeit, über den Betriebsrat zu gehen, um die Gründe zu erfahren. Das gelte aber nicht für das Auslaufen des Vertrages.

Für Michel M. ist der Kampf deshalb nun ausgefochten. Obwohl ihm die Arbeit viel Spaß gemacht hat, habe das Umfeld eine schlechte Note hinterlassen. Er hofft nun auf mehr Glück bei der S-Bahn Berlin.

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