Es ist ein Skandal vor der Bundestagswahl: Vermutlich Tausende, möglicherweise Zehntausende Auslandsdeutsche können ihr Wahlrecht nicht wahrnehmen. Ihnen wurden aufgrund der kurzen Fristen für die Briefwahl im Februar die Wahlbriefe nicht rechtzeitig zugestellt. Oder sie befürchten, dass ihre Post mit den ausgefüllten Wahlzettel nicht mehr rechtzeitig in Deutschland ankommt. In den Sozialen Netzwerken berichten viele frustrierte und wütende Deutsche aus dem Ausland darüber, wie benachteiligt und diskriminiert sie sich fühlen. Manche kündigen auch juristische Schritte ein.
Nun stellt sich die Frage: Könnte es sogar sein, dass die fehlenden Stimmen der Auslandsdeutschen einen entscheidenden Einfluss nehmen können am Wahlausgang? Wird das Ergebnis nun möglicherweise verfälscht?
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Anteil der Auslandsdeutschen im Verhältnis aller Wähler sehr gering
Insgesamt leben etwa drei bis vier Millionen Deutsche im Ausland. Doch nur ein kleiner Teil von ihnen hat sich in das Wählerverzeichnis der zuständigen Gemeinde eingetragen. Laut Bundeswahlleiterin waren es zuletzt 213.255 Eintragungen. Zudem sind nicht alle Auslandsdeutschen wahlberechtigt, sondern nur wer eine Verbundenheit zu Deutschland nachweisen kann und nicht länger als 25 Jahre dauerhaft fern der alten Heimat lebt. Außerdem ist ein Teil von ihnen noch minderjährig.
Welchen Einfluss aber haben die Auslandsdeutschen auf den Wahlausgang? Schauen wir auf die Bundestagswahl 2021. Damals wählten etwa 46,7 Millionen Menschen. Es trugen sich 129.000 Auslandsdeutsche in die Wählerverzeichnisse ihrer früheren Heimatgemeinden ein – deutlich weniger als in diesem Jahr. Das Interesse an der Bundestagswahl hat mittlerweile jedoch deutlich zugenommen, auch bei den Deutschen im Ausland. Das unterstreichen beispielsweise auch die höheren Einschaltquoten bei den TV-Debatten der Kanzlerkandidaten oder die Rekordzugriffe beim Wahl-O-Mat. Somit wird auch allgemein mit einer höheren Wahlbeteiligung gerechnet.
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Aber zurück ins Jahr 2021: Damals machten die Wählerinnen und Wähler, die sich aus dem Ausland für die Bundestagswahl anmeldeten, nur 0,27 der Gesamtheit aller Wahlteilnehmer aus. Somit ist damit zu rechnen, dass sie auch in diesem Jahr, trotz des größeren Interesses, weniger als 0,5 Prozent der Wählerschaft ausmachen werden. Ihr Einfluss auf den Wahlausgang ist demnach gering. Ihre Stimmen könnten aber, wenn es beispielsweise für das BSW oder die FDP ein ganz enges Rennen um die 5-Prozent-Hürde wird, doch ausschlaggebend sein.
Es ist allerdings unbekannt, ob die im Ausland lebenden Deutschen signifikant anders abstimmen als die heimischen Deutschen. Also ob es bei ihnen eine deutlich klarere Tendenz zu einigen Parteien gibt.
Wenige nutzten Kurierdienst
Der Bundeswahlleiterin erreichten somit in den vergangenen viele Fragen und Beschwerden von im Ausland lebenden Deutschen, bei denen die rechtzeitige Zustellung der Wahlbriefe bei dieser unter verkürzten Fristen stattfindenden Bundestagswahl kritisch oder unmöglich ist.
Nur ein kleiner Teil der an einer Stimmabgabe interessierten Auslandsdeutschen hat seine Briefwahlunterlagen über den Kurierdienst des Auswärtigen Amtes nach Deutschland geschickt. Wie ein Ministeriumssprecher in Berlin mitteilte, gingen bis Donnerstagabend rund 9.000 Briefwahlunterlagen bei der Kurierstelle des Auswärtigen Amtes in Berlin ein. Diese würden jetzt in die Post gegeben. Die Deutsche Post habe zugesichert, dass alle Unterlagen, die am Freitag in die Post gegeben werden, rechtzeitig zur Bundestagswahl in den Gemeinden eintreffen.
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Und was passiert mit den Wahlbriefen, die zu spät aus dem Ausland ankommen? Wie das Presseteam der Bundeswahlleiterin auf dpa-Anfrage mitteilte, werden laut Bundeswahlordnung verspätet eingegangene Wahlbriefe generell von der zuständigen Stelle angenommen und ungeöffnet verpackt. „Anschließend wird das Paket versiegelt, mit Inhaltsangabe versehen und verwahrt, bis die Vernichtung der Wahlbriefe zugelassen ist.“ Dabei sei sicherzustellen, dass Unbefugte keinen Zugang zu dem Paket haben. (mit dpa)