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Mehr oder weniger Flüchtlinge? Das steht über die Migrationspolitik in den Wahlprogrammen

Migration im Fokus beim Kampf um die Bundestagswahl 2025. Aber was wollen, AfD, BSW, Linke und Co. wirklich? Das steht in den Wahlprogrammen.

Asylrecht, Abschiebungen, Fachkräfte: So wollen die Parteien die Krise lösen! Das steht in den Wahlprogrammen.
© IMAGO / Andre Lenthe / Ardan Fuessmann / Panama Pictures / Eibner / dts Nachrichtenagentur / dts Nachrichtenagentur / Panama Pictures

Bundestagswahl 2025: Chaos beim BSW

Die vorgezogene Bundestagswahl stellt das BSW vor viele Herausforderungen. Neben der fehlenden Programmatik sorgen auch finanzielle Engpässe für Frust.

Kurz vor der Bundestagswahl 2025 bringen sich die Parteien in Startposition für den Wahlkampf. Eines der Themen, die in Deutschland gerade am meisten polarisieren, ist die Migrationspolitik und der Umgang mit Geflüchteten. Nun veröffentlichen die Parteien in ihren Wahlprogrammen, was sie umsetzen wollen, wenn sie gewählt werden.

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Kaum ein Thema wird in Europa so konstant und emotional diskutiert wie die Flüchtlingspolitik. Die neue Bundesregierung wird viele Entscheidungen zu diesem Thema treffen müssen. Und die Union? Die räumt erstmal ein, Fehler in der Migrationspolitik gemacht zu haben.

CDU und CSU weichen ab vom Merkel-Kurs

CDU und CSU schreiben dazu: „Auch wir haben in unserer Regierungszeit Fehler gemacht – und daraus gelernt.“ Damit spielen die Parteien auf Merkels “Wir schaffen das”-Haltung von 2015 an. Von der will man jetzt nichts mehr wissen.

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Nun will die Union bei der Migration vor allem eines: mehr Kontrolle. Um sogenannte illegale Migration zu stoppen, sollen alle nicht in Deutschland Asyl-Berechtigten bei Grenzkontrollen erkannt und abgewiesen werden. Dafür sollen Nachtsichtgeräte, Wärmebildkameras und Drohnen zum Einsatz kommen, und Polizeibeamte müssten aufgestockt werden. Wer nicht freiwillig geht, soll durch die Behörden dazu gebracht werden und auch in Abschiebehaft genommen werden können.

Überhaupt sollen weniger Flüchtlinge nach Deutschland kommen, nämlich nur noch die, die “die Möglichkeiten Deutschlands nicht länger überfordern”, so die CDU/CSU. Das bedeutet für die Union konkret, dass Menschen, die mit einem subsidiären Schutzstatus in Deutschland sind, nicht mehr ihre Angehörigen über den Familiennachzug nachholen können.

Der subsidiäre Schutz greift bei Personen, die in ihrem Herkunftsland Gefahr laufen, schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen wie Krieg, Todesstrafe und Folter zu erleiden und deswegen in Deutschland bleiben dürfen, aber die Asyl-Berechtigung nicht erhalten, weil sie beispielsweise Straftaten begangen haben. Tatsächlich will die CDU den subsidiären Schutzstatus ganz abschaffen – das kann sie aber nicht ohne Zustimmung der EU, die schutzberechtigten Asyl gewährten will.

Quelle: IMAGO / HMB-Media Friedrich Merz CDU Vorsitzender hält eine Rede. CDU-Wahlkampftour Bundestagswahl 2025 Credit: IMAGO/HMB-Media

Außerdem sollen mehr Herkunftsländer als „sicher“ eingestuft werden. Welche Länder das sind, bleibt im Parteiprogramm zunächst offen. Später heißt es aber, man wolle “nach Afghanistan und Syrien regelmäßig abschieben”. Wer hier bleibt, soll weniger durch Geld, sondern mehr durch Sachspenden unterstützt werden, zum Beispiel mit der Bezahlkarte. Menschen, die kein Asyl in Deutschland bekommen, sollen dann nur noch das Nötigste oder gar nichts mehr bekommen.

Bundestagswahl 2025: SPD will besser integrieren

Die Sozialdemokraten sehen die Migrationspolitik aus einem anderen Winkel. In Bezug auf den Fachkräftemangel in der deutschen Wirtschaft schreiben sie: “Wir benötigen weiterhin die Zuwanderung von Fachkräften.” Um eine bessere Integration zu gewährleisten, will die SPD Integrationskurse ausbauen, um die Fachkräfteeinwanderung zu unterstützen.

Auch die Sozis sehen die Einwanderung als Herausforderung für Deutschland, wollen ihr mit “Humanität und Ordnung” begegnen. Im SPD-Wahlprogramm steht: “Klar ist: Wer sich nicht an die Regeln hält, muss wieder gehen. Doch wer auf Schutz angewiesen ist, dem gewähren wir Schutz.” Wer als Geflüchteter keinen Schutzstatus erhält, aber trotzdem in Arbeitsmarkt und Gesellschaft integriert und straffrei ist, dem soll der Spurwechsel in die Fachkräfteeinwanderung ermöglicht werden, so schreibt die derzeitige Kanzlerpartei auf Seite 51.

Am von der Ampel durchgesetzten Verfahren an den Grenzen will die SPD festhalten. Allerdings müssten dabei “alle rechtsstaatlichen und humanitären Standards erfüllt sein”. Auch die SPD will, dass die EU-Außengrenzen stärker kontrolliert und geschützt werden, lehnt dabei aber ausdrücklich Pushbacks ab.

Asylverfahren sollen durch Digitalisierung vereinfacht und auf maximal sechs Monate beschleunigt werden. Bei den Sozialdemokraten spielt außerdem eine große Rolle, wie es den migrierten Menschen in Deutschland geht. So will man weiter an der Gleichverteilung von Bildungschancen arbeiten und Anti-Rassismus-Beauftragte fest etablieren. Subsidiärer Schutz und auch der Familiennachzug für solche Geflüchtete sollen bestehen bleiben, findet die SPD.

Linke-Parteiprogramm: Frontex abschaffen

Die Haltung der Linken zum Thema Migration ist kaum überraschend. Asylrecht ist Menschenrecht, betonen sie, und soll deswegen nicht verschärft werden. Den europäischen Grenzschutz Frontex möchte die Linke abschaffen. Dafür soll in ein zivilgetragenes europäisches Seenotrettungsprogramm investiert werden.

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Auch Menschen, die wegen Naturkatastrophen infolge des Klimawandels oder Armut und Hunger nach Deutschland fliehen, sollen hier Asylrecht bekommen. Es soll keine Abschiebungen geben, auch nicht für Straftäter. Diese sollen einen ganz normalen strafrechtlichen Prozess durchlaufen.

Die Partei, die sich stark für die internationalistische Idee begeistert, findet Menschen mit Migrationsgeschichten für Deutschland unerlässlich, nicht zuletzt, weil diese Menschen wertvolle Arbeit leisten. Geflüchtete sollen aufgenommen und bei der Integration unterstützt werden. Das soll auch durch schnellere Anerkennung der Abschlüsse gehen.

Quelle: IMAGO / HMB-Media Berlin, Deutschland, 18.01.2025: Veranstaltungshalle Station: Außerordentlicher Parteitag der Linken zur Bundestagswahl 2025: Spitzenkandidaten Jan van Aken und Heidi Reichinnek Credit: IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Wer seit fünf Jahren in Deutschland lebt, soll den deutschen Pass erhalten können.
Auch die Linke will gegen Rassismus kämpfen, das soll beispielsweise mit einem Beauftragten für antimuslimfeindlichen Hass umgesetzt werden. Die Partei ist für eine Quote für Menschen mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst.

FDP will Einwanderung von qualifizierten Fachkräften

Die FDP strebt eine geordnete Migrationspolitik an, sagt sie. Einwanderung soll vor allem in den Arbeitsmarkt erfolgen, nicht in die sozialen Sicherungssysteme. Die Partei fordert ein umfassendes Einwanderungsgesetzbuch und effizientere behördliche Strukturen, um qualifizierte Arbeitskräfte besser zu integrieren. Schutzsuchende mit Bleiberecht sollen zügig Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, während für anerkannte Flüchtlinge ein neuer sozialrechtlicher Status anstelle des Bürgergeldes geschaffen werden soll.

Die FDP plädiert für mehr Sachleistungen und weniger Geldleistungen für Asylbewerber und setzt auf die Einführung von Bezahlkarten. Abschiebungen sollen zentral durch den Bund organisiert werden, und Asylverfahren in sicheren Drittstaaten sind vorgesehen. Rückführungen von Menschen ohne Bleiberecht sollen konsequenter durchgeführt werden, wobei freiwillige Rückkehr bevorzugt wird.

Auf europäischer Ebene fordert die FDP eine Stärkung der Grenzschutzagentur FRONTEX und den Abschluss von Migrationsabkommen mit Herkunftsländern, um Rücknahmebereitschaft und legale Migrationswege zu fördern. Integration soll durch modular aufgebaute Sprachkurse und gezielte Unterstützung von gut integrierten Schutzsuchenden erleichtert werden.

Grüne-Wahlprogramm setzt auf Seenotrettung

Die Grünen verfolgen in ihrem Wahlprogramm eine Migrations- und Flüchtlingspolitik, die Humanität und Ordnung miteinander verbindet. Sie betonen die Notwendigkeit, Flucht und Arbeitsmigration klar zu unterscheiden: Während Flucht auf humanitären Verpflichtungen basiert, soll Arbeitsmigration den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes gerecht werden. Integration sieht das Grünen-Wahlprogramm als zentrale Aufgabe und fordert den Ausbau von Sprach- und Integrationskursen sowie die Unterstützung der Kommunen durch eine umfassende Integrationsoffensive.

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Die Grünen setzen sich für eine faire und solidarische Verteilung von Schutzsuchenden innerhalb Europas ein. Dabei soll das Gemeinsame Europäische Asyl-System reformiert werden, um Grund- und Menschenrechte zu wahren. Das Recht auf individuelle Einzelfallprüfungen und das Nichtzurückweisungsgebot wollen sie uneingeschränkt erhalten. Initiativen zur Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten lehnt das Grünen-Wahlprogramm strikt ab.

Zur Bekämpfung von Fluchtursachen fordert Habecks Partei eine stärkere Fokussierung auf vorausschauende Diplomatie, Entwicklungszusammenarbeit und fairen Handel. Zudem sollen legale Zugangswege wie humanitäre Aufnahme- und Resettlementprogramme ausgebaut werden, um besonders gefährdete Gruppen besser zu schützen. Auch die Seenotrettung spielt eine wichtige Rolle: Die Grünen plädieren für eine staatliche EU-Seenotrettungsmission und die Unterstützung ziviler Seenotrettungsorganisationen.

Für Menschen ohne Aufenthaltsrecht setzen die Grünen auf freiwillige Rückkehrprogramme, sprechen sich aber auch für die Einhaltung von Ausreisepflichten aus, sofern keine Abschiebungshindernisse bestehen. Insgesamt streben sie eine Migration an, die geordnet verläuft, die Menschenrechte wahrt und langfristig integrativ wirkt.

AfD: Grenzen zu, Asylrecht neu

Die AfD verfolgt in ihrem Wahlprogramm eine restriktive Migrations- und Asylpolitik. Sie fordert, die Zuwanderung national zu regeln und Deutschland als „Asylparadies“ zu schließen. Das Asylrecht soll verschärft werden. Sogenannte ökonomische Anreize für Migranten sollen abgeschafft und Sozialleistungen für Asylbewerber durch Sachleistungen ersetzt beziehungsweise für Nicht-Aufenthaltsberechtigte ganz gestrichen werden.

Quelle: IMAGO / Revierfoto 16. Bundesparteitag der Alternative für Deutschland am 11.01.2025 in der WT Energiesysteme Arena in Riesa Dr. Alice Weidel Bundessprecherin und Kanzlerkandidatin AfD Credit: IMAGO/Revierfoto

Die Partei strebt eine Rückführungsoffensive „im großen Stil“ von abgelehnten Asylbewerbern an und möchte den Aufenthaltsstatus von Geflüchteten bei Rückreisen in deren Heimatland entziehen. Gleichzeitig wird betont, dass Integration nicht durch „massenhafte Migration“ möglich sei und die deutsche Staatsangehörigkeit nicht verschenkt werden dürfe.

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Das aus AfD-Kreisen und zuletzt auch von Kanzlerkandidatin Alice Weidel oft zu hörende Wort „Remigration“, das die Rückführung auch deutscher Staatsangehöriger mit Migrationshintergrund in mehr als einer Generation nahelegt, findet im AfD-Wahlprogramm keinen Platz. Da diese Forderungen aber rein verfassungsrechtlich keinen Bestand hätten, scheint sich die AfD gegen einen solchen Punkt in ihrem Programm für die Bundestagswahl 2025 entschieden zu haben.

BSW-Wahlprogramm setzt auf Ursachenbekämpfung

Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) strebt eine restriktivere Migrations- und Flüchtlingspolitik an. Es fordert eine Neuausrichtung der Asylpolitik, die das Prinzip abschafft, dass jeder in der EU unabhängig vom Schutzstatus bleiben kann. Das BSW möchte Asylverfahren vorrangig in sicheren Drittstaaten durchführen lassen und plädiert für ein Ende des Globalen Migrationspakts.

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Weiterhin sollen die Fluchtursachen durch eine Neugestaltung der EU-Außen- und Handelspolitik sowie den Abbau von Wirtschaftssanktionen in Herkunftsländern bekämpft werden. Es wird betont, dass Deutschland keine militärische Unterstützung für Konflikte leisten soll, da diese häufig zu Flüchtlingsströmen führen.


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Die soziale Unterstützung für Migranten soll überprüft und auf ein notwendiges Minimum reduziert werden. Abschiebungen von nicht integrierten und straffälligen Personen sollen konsequenter umgesetzt werden. Insgesamt wird gefordert, das Asylrecht auf tatsächlich Schutzbedürftige zu begrenzen und gleichzeitig die Lebensbedingungen in den Herkunftsländern zu verbessern, um die Migration an der Quelle zu reduzieren.