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Kamala Harris wird die US-Wahl verlieren, weil sie eine Frau ist – und das nervt

Harris kann die US-Wahl 2024 nicht gewinnen. Nicht wegen ihrer Qualifikation, sondern weil sie eine Frau ist – und das nervt. Ein Kommentar.

Man stelle sich vor: Kamala Harris, eine Frau – das reicht schon, um manchem das Blut in den Adern gefrieren zu lassen. Aber jetzt will sie auch noch Präsidentin werden. Ein aussichtsloses Unterfangen.
© IMAGO / ZUMA Press Wire

Donald Trump vs Kamala Harris: Was denkt Deutschland? Reden wir drüber

Wir waren am Potsdamer Platz in Berlin um die Passanten zu fragen was sie denken, wer gewinnt die US-Wahl.

Harris‘ Vorgänger im Wahlkampf, Joe Biden, wurde von den Republikanern als „alt und senil“ diskreditiert. Hat geklappt. Aber was könnte man denn Kritikwürdiges an Kamala Harris feststellen? Politische Fehlentscheidungen in der Vergangenheit, möchte der naive deutsche Politikstratege meinen – ganz falsch!

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Harris ist eine Frau. Das ist das Problem. Also nicht, dass sie eine Frau ist, das wäre ja sexistisch, sondern natürlich, dass sie keine Kinder hat, mal mit einem anderen Politiker zusammen war und außerdem so unschicklich lacht.

Zerplatzt der Traum? Die Welt ist noch nicht bereit für Kamala

„What happened to the dream of a girl president?” fragte die Sängerin Pink schon 2006. Seit damals ist viel passiert: Das Recht auf Abtreibung wurde in einigen US-Bundesstaaten eingeführt – und wieder abgeschafft. Mit Hillary Clinton war zum ersten Mal eine Frau offiziell für das Präsidentschaftsamt nominiert, und es gibt sogar ein Gesetz für Lohngleichheit von Frauen und Männern in den USA.

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Frauen können also eigentlich alles erreichen in der zweitgrößten Demokratie der Welt. Sogar Präsidentin werden, denn im Rennen um die US-Wahl 2024 hat Kamala Harris leicht die Nase vorn. In der Realität jedoch sieht es die Gesellschaft nur ungern, wenn sich eine Frau in Richtung Präsidentschaft bewegt. Harris Vorsprung wird von der Fehlermarge ausradiert: Trump-Wähler geben ihre Wahlentscheidung weniger gerne in Umfragen zu.

Die Prognose: trotz der Führung um Haaresbreite wird Harris die US-Wahl nicht gewinnen. Die Swing States werden ihr zum Verhängnis und da gibt es noch ein ganz anderes Problem: Harris wird von der Öffentlichkeit anders behandelt, weil sie eine Frau ist. Gewiss nicht immer bewusst, aber dadurch nicht weniger problematisch, kritisiert die Welt Dinge an Kamala Harris, die bei einem Mann nicht zur Debatte stehen würden.

Harris‘ größtes Problem: „Die lacht komisch“

Als Kamala Harris Joe Biden von der Präsidentschaftskandidatur ablöste und somit auch in Deutschland immer relevanter wurde, fiel ein Faktor schwer ins Gewicht: ihr herzhaftes Lachen. Die NZZ schrieb beispielsweise über das häufige Lachen der Politikerin, der hemmungslose Gefühlsausdruck gehöre sich nicht für eine so hohe Politikerin. Bei einer Anwärterin auf das Präsidentenamt wird also bewertet, wie sie lacht. War das bei Obama oder bei Trump je ein Thema?

Gewiss ist es nicht verboten, Mimik und Gestik von Politikern zu diskutieren. Man denke nur an Armin Laschet. Bei ihm jedoch war nicht seine Art zu lachen das Problem, sondern der Kontext: unmittelbar nach einer Flutkatastrophe bei einem Interview aus einer betroffenen Gemeinde.

Harris kann die US-Wahl 2024 nicht gewinnen. Nicht wegen ihrer Qualifikation, sondern weil sie eine Frau ist - und das nervt. Ein Kommentar.
Kritiker stören sich an der Lache von Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris. Credit: IMAGO/MediaPunch

Bei der Bewertung von Kamala Harris‘ Benehmen – bloß nicht zu viel Zähne zeigen – fällt aber völlig hinten runter, was wirklich an der Vizepräsidentin zu kritisieren wäre. Interessant wäre es zum Beispiel, darüber zu diskutieren, warum Harris in ihrer früheren Funktion als Generalstaatsanwältin nichts gegen die Polizeigewalt gegen Afroamerikaner tat, obwohl sie das versprochen hatte. Aber nein, diskutiert wird lieber, wie weit die Politikerin ihren Mund beim Lachen öffnen darf. Oberflächliches schlägt in der Debatte noch immer die politischen Inhalte.

US-Wahl 2024: Nur Muttis können regieren

Ein ähnlicher Kritikpunkt an Harris ist, dass sie keine Mutter ist. Sie ist „nur“ die Stiefmutter von zwei erwachsenen Kindern, die sie „Momala“ nennen. Dass Harris keine Kinder geboren hat, entsetzt die Republikaner besonders. So jemand kann schließlich gar nicht wissen, wie man regiert – oder?

Sarah Huckabee Sanders, die ehemalige Sprecherin von Donald Trump, erklärte bei einer Wahlveranstaltung der Republikaner: „Meine Kinder lassen mich bescheiden bleiben“, ihre Schlussfolgerung: „Leider hat Kamala Harris nichts, was sie bescheiden bleiben lässt.“ Wie viel Zeit als Oberhaupt der USA wirklich noch für den Nachwuchs bleibt, sei dahingestellt. Das Fehlen eigener Kinder wurde dem Gründervater und ersten Präsidenten der USA, George Washington, sogar als Vorteil ausgelegt – ein möglicher Erbanspruch schien ausgeschlossen.

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Bei Harris ist es nun ein Problem, dass sie keine Kinder hat. Ein Phänomen, das durchaus auch aus anderen Ländern bekannt ist. Zwar machten die Deutschen ihrer ehemaligen Kanzlerin Angela Merkel nicht zum Vorwurf, dass sie keine Kinder hat. Den Titel der „Mutti“ bekam sie aber trotzdem verpasst. Klar, wenn eine Frau ein Land regiert, dann kann sie das nur aus mütterlichen Gefühlen heraus – undenkbar geradezu, dass sie eventuell politisch versiert sein könnte.

Zu feministisch, zu kinderlos, zu unpassend?

Auch wird Kamala zum Vorwurf gemacht, dass sie in den 90er Jahren mal mit Willy Brown zusammen war, einem anderen erfolgreichen Demokraten. Der Vorwurf: Sie habe sich an ihm hochgezogen – na klar, auch dieser Vorwurf ist auf keinen Fall sexistisch gemeint. Sich hoch geschlafen zu haben, ist ein Narrativ mit dem viele erfolgreiche Frauen zu kämpfen haben. Trump, selbst nicht gerade ein Klosterschüler, hieb bereits bei Hillary Cliton eifrig in diese Kerbe.

Diskussionen wie diese zeigen eines: Die Welt ist nicht bereit für eine weibliche Präsidentin der USA. Immer noch nicht. Nicht genug, dass Harris eine Frau und Person of Color ist: Sie ist, ach du Schreck, auch noch bekennende Feministin. Sie setzt sich seit Beginn ihrer Karriere für Frauenrechte, zum Beispiel das Recht auf Abtreibung, ein. Das, gepaart mit ihrem herzhaften Lachen, dem Exfreund von vor 20 Jahren und der Kinderlosigkeit, ist vielen Amerikanern noch immer zu radikal.


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Anstelle einer rhetorisch starken Politikerin mit weitreichender Erfahrung in der Innenpolitik, die in ihrem Beruf als Staatsanwältin immer wieder mit den Problemen ihres Volkes konfrontiert war, werden die Amerikaner vermutlich einen mehrfach verurteilten Straftäter wählen. Weil er ein Mann ist – und das nervt.