Das politische Berlin muss derzeit mit zwei XXL-Herausforderungen jonglieren. Auf der einen Seite stehen das Ampel-Aus und die Frage nach Neuwahlen, auf der anderen Seite steht der Erdrutschsieg von Donald Trump bei der US-Wahl. Der Republikaner will den Biden-Kurs in vielerlei Hinsicht rückabwickeln, sodass sich auch die bilaterale Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland verändern wird. Allen voran die Sorgenfalten der Wirtschaftsexperten und Wirtschaftspolitiker sind ob des „Trumpismus“ groß – dabei ist das innerdeutsche Versagen nicht die Schuld eines Amerikaners. Ein Kommentar.
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Auch wenn sich viele Deutsche einen Sieg von Kamala Harris gewünscht hätten, das Bild auf der anderen Seite des Atlantiks hätte nicht deutlicher gemalt werden können. Donald Trump sicherte sich am Wahltag alle sieben Swing States und sicherte sich 312 der 270 nötigen Wahlmännerstimmen. Die Gunst des Republikaners war das Begehren der Masse, damit sollte man sich nun auch in Europa abfinden.
Donald Trump: Einfuhrzölle könnten Deutschland unter Druck setzen
Eine der meistzitierten Sorgen ist hierzulande die Konsequenz der Trump-Wahl für die deutsche Wirtschaft. Im Wahlkampf hatte der 78-Jährige mehrfach betont, universelle Einfuhrzölle in Höhe von zehn bis zwanzig Prozent für Produkte aus der EU einführen zu wollen. Mit diesem taktischen Schachzug will er die heimische Wirtschaft und dessen Absatzmarkt stärken – unter anderem zu Lasten von deutschen Unternehmen.
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Für unsere Wirtschaft, die auch 2024 in der Rezession steckt, wäre die Umsetzung zweifelsohne ein schwerwiegender Rückschlag. Die USA waren im Jahr 2023 der wichtigste Exportmarkt für Deutschland, insgesamt 158 Milliarden Euro (9,9 Prozent des Gesamtexportes) wurden hier erwirtschaftet. Sollte Trump sein Wahlkampfversprechen tatsächlich realisieren, würde dies die deutsche Wirtschaft weiter zurückwerfen und sie binnen seiner Amtszeit hunderte Milliarden Euro kosten.
Etwaige Zollerhöhungen würden dafür sorgen, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt sinkt. Im kommenden Jahr um 0,3 Prozent, in den folgenden Jahren um bis zu 1,2 Prozent. So die Schätzung des Instituts der deutschen Wirtschaft.
Knackpunkt ist der europäische Binnenmarkt
So weit, so schlecht. Unmittelbar nach dem Bekanntwerden, dass Donald Trump designierter Präsident ist, verfiel man hierzulande in ein altes Muster: Geschlossen holte man den nackten Zeigefinger heraus und zeigte mit ihm auf den künftigen Machthaber. Nach dem Motto: „Wenn unsere Wirtschaft jetzt den Bach heruntergeht, ist Donald Trump schuld. Was können wir für seinen Protektionismus?“
Zugegeben, für diesen kann das politische Berlin wenig. Genauso wenig aber kann Donald Trump etwas dafür, dass wir eine strategische Einbahnstraße fahren. Während wir mit unserem Export strotzen, wird der EU-Binnenmarkt klein gehalten – zu klein, seit Jahrzehnten. Nur etwas mehr als die Hälfte aller deutschen Exporte (55,1 Prozent) verließ den EU-Binnenmarkt im Jahr 2023 nicht! Um zu verstehen, dass die übrigen 44,9 Prozent, die in die USA oder nach China wanderten, gleichbedeutend mit einer gewissen Abhängigkeit sind, muss man kein Mathematiker sein.
Stärken könnte man den EU-Binnenmarkt beispielsweise durch die Umsetzung eines kreditfinanzierten Investitionsprogramms. Das schlägt Sebastian Dullien, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, im Gespräch mit der „Berliner Morgenpost“ vor. Auch Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen, fordert die sofortige Setzung von „Impulsen für die eigentlich notwendige kräftige Belebung des Geschäfts.“ Fakt ist: Donald Trump ist nicht der Schuldige für die innereuropäische Schwäche.